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Selbstverständnis - Grundlegendes Positionspapier

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Selbstverständnis GartenCoop (hier als PDF mit Fotos anschauen)

 

Uns verbindet eine gemeinsame Vision:

Solidarische Landwirtschaft und Ernährungssouveränität!

Ein „Weiter wie bisher“ ist keine Option!

 

Wir sind Teil einer globalen Bewegung für einen umfassenden Wandel.

 

In der GartenCoop Freiburg haben sich Menschen zusammengeschlossen, um selbstbestimmt eine regionale und saisonale, ökologische, klimagerechte und soziale Landwirtschaft zu erproben und gemeinschaftlich eine Gemüse-Selbstversorgung aufzubauen: Weitestgehend ohne die Marktzwänge kapitalistischer[1] Konkurrenz- und Profitwirtschaft.

Wir verstehen unser Projekt als ein zukunftsweisendes Modell: Zum einen als Teil einer Bewegung der Solidarischen Landwirtschaft, die sich gemeinschaftlich für den achtsamen und nachhaltigen Umgang mit der Natur und der naturgerechten Erzeugung von gesunden Lebensmitteln einsetzt. Zum andern als ein Projekt für das Entwickeln und Praktizieren basisdemokratischer, solidarischer und sozialer Umgangs- und Organisationsformen.

Wir wollen unser Projekt entwickeln als eine Antwort auf ein kapitalistisch globalisiertes Wirtschafts- und Gesellschaftssystem, das zu seiner Aufrechterhaltung notwendig auf unbegrenztes Wachstum setzt. Die aus diesem System resultierenden Krisen (Gesellschafts-, Migrations-, Wirtschafts-, Energie-, Hunger- und Klimakrise) verschärfen sich immer dramatischer. Die Ernährungsfrage wird dabei in noch nie dagewesenem Ausmaß zu einer globalen existentiellen Frage.

Unsere auf Profitmaximierung und Ausbeutung ausgerichtete Warengesellschaft ist prinzipiell unfähig, auch nur eines der drängenden Probleme zu lösen. Im Gegenteil: Sie ist die Ursache für immer rasanteren Raubbau an allen natürlichen Ressourcen, für wachsende Armut und Hunger auf der einen Seite und eine Häufung von Reichtümern auf der anderen Seite. Sie zwingt die Menschen sowohl untereinander als auch mit der Umwelt in konflikthafte und von Konkurrenz dominierte Beziehungen.

Die Ideologie des „Immer mehr“ und „Weiter so“ bestimmt das Denken und Handeln zu vieler Menschen und verhindert und blockiert die Entwicklung und das Erlernen neuer Wege in der Nahrungsmittelerzeugung und -versorgung.

Einen Ausweg können andere gesellschaftliche und wirtschaftliche Formen als die kapitalistische Warenproduktion und das Privateigentum an Boden und Produktionsmitteln bieten. Eine weltweite radikale Umstellung bei der Nahrungsmittelproduktion und im Ernährungssystem ist notwendig: Insbesondere ökologische, ressourcenschonende  Anbaumethoden, kleinbäuerliche Strukturen, regionale Kreisläufe und eine gerechte Nahrungsmittelverteilung. Bezogen auf die globale Perspektive muss der Ressourcenverbrauch gerade in den reichen Industrienationen des globalen Nordens drastisch reduziert werden.

Mit unserem Projekt versuchen wir auf Basis der Solidarischen Landwirtschaft ein anderes Miteinander mit der Erde, mit den Pflanzen, Tieren und Menschen zu entwickeln und damit zum notwendigen gesellschaftlichen Wandel beizutragen. Ernährungssouveränität² ist Teil der angestrebten Ernährungswende durch eine lokale, kooperative und ökologische Lebensmittelversorgung und zentrales Handlungsfeld der SoLaWi-Bewegung weltweit

 

Solidarische Landwirtschaft in der Praxis der GartenCoop:

In Bezug auf den Gemüse-Anbau und die Verteilung:

-        Eine bedarfsorientierte Planung und Durchführung des ökologischen Anbaus einer großen Palette von Gemüse, Kräutern und Getreide (in geringerem Umfang von Obst) für bis zu 300 Haushalte über das ganze Jahr.

-        Die Aussaat samenfester Sorten aus einem Anzuchtbetrieb der Region

-        Anbau in unbeheizten Tunneln

-        Aufbau einer Düngemittelautonomie

-        Boden- und Humusaufbau

-        Lagerung für den Winter im Keller

-        Weitestgehend energiesparende Verteilung mit CarSharing-Transporter und Fahrrädern

-        Kollektiver Besitz von Produktionsmitteln.

-        Gute und schlechte Ernten werden geteilt

 

In Bezug auf Organisations- und Arbeitsstrukturen:

-        Versorgung der Mitglieder mit biologischem Gemüse - unabhängig von der Höhe des jeweiligen Einkommens.

-        Faire und solidarische Arbeitsbedingungen für die Gärtner- und Landwirt*innen.

-        Beteiligung der Mitglieder entsprechend ihrer Möglichkeiten, Neigungen und der Notwendigkeiten des Betriebs an der Arbeit auf dem Hof, bei der Verteilung und Organisation der Kooperative. 

-        Durch die selbstverwaltete Organisationsstruktur und die Nähe der Mitglieder zum Hof bei Mitgliedereinsätzen Erlernen und Stärken der inneren Unabhängigkeit von der herrschenden Marktlogik

-        Beteiligungsmöglichkeiten ist ein weiterer wichtiger Bestandteil der Selbstorganisation.  

-        Verteilung der finanziellen Lasten der Landwirtschaft auf die Gemeinschaft

-        Praktizieren kollektiver demokratischer Strukturen mit transparenten Entscheidungsstrukturen:

Kooperation statt Konkurrenz - Konsensprinzip statt Mehrheitsprinzip

-        Abbau von Hierarchien und patriarchalen Strukturen und Entwicklung und Einübung basisdemokratischer Strukturen.  

  

Ziele und Inhalte unserer Kooperative sind außerdem:   

-  Vielfalt und Synergie: Menschen mit unterschiedlicher Motivation und Zugang und unterschiedlichem Lebensalltag tragen und entwickeln Idee und Praxis der GartenCoop auf vielfältige, gleichberechtigte, sich synergetisch verstärkende Weise weiter. Das Projekt bezieht seine Lebendigkeit einerseits aus einem gesunden Maß an Vertrauen, Verantwortlichkeit und Verbindlichkeit der Einzelnen. Solidarität soll sich andererseits aber auch gerade darin zeigen, dass sich alle Mitglieder - mit unterschiedlichsten Kapazitäten und Kräften für Engagement und Zeiteinsatz - in der Projektgemeinschaft als Ganzes wohl fühlen.

- Reflexion über die unterschiedlichen Sozialisierungen der Mitglieder und ein solidarischer Umgang damit sind notwendige Schritte zur Fortentwicklung der Kooperative:

Fragend schreiten wir voran. 

- Einübung wertschätzender Formen der Konfliktbearbeitung und Entwicklung einer Kultur der gegenseitigen Unterstützung.

- Grenzziehung gegenüber allen Formen von Diskriminierung, menschenverachtender Haltung, Rassismus und Herrschaftsformen ist grundlegend

- Ausweitung der Ernährungssouveränität u.a. durch den Austausch von Wissen, Produkten, Technik mit den anderen SoLaWis der Region (Luzernenhof, Lebensgarten Dreisamtal, Bienencoop, …) und durch die Beratung und Vernetzung mit neu entstehenden SoLaWis

- Fortschreiten auf dem Weg zur Ernährungssouveränität durch das Aneignen und Weitergeben von Wissen und der Austausch über die Weiterverarbeitung von landwirtschaftlichen Produkten (z.B. eigene Sauerkrautherstellung, Kontakt zum Backhaus der Vielfalt, Brauereikollektive, Workshops zu Einkoch- und Konservierungstechniken, ...).

- Eine Basis unserer Kooperative bildet nicht zuletzt auch das Interesse an der kleinbäuerlichen Landwirtschaft in der Region und an der Steigerung der Attraktivität der landwirtschaftlichen Berufsbilder, die Teilnahme an politischen Veranstaltungen zum Thema und der Platz, der der Ernährungssouveränität in unseren Diskussionen und Veröffentlichungen eingeräumt wird.

- Unser Projekt ist Teil einer gelebten Gesellschaftskritik: Wir wünschen uns das „ansteckende“ Weitergeben unserer Erfahrungen im Sinne einer „Wegweiser Funktion“ für ähnliche und neu entstehende Projekte.

 

Womit wir verbunden sind:

Wir fühlen uns inspiriert und solidarisch mit kleinbäuerlichen Bewegungenwie „Via Campesina“ (internationale Bewegung von Kleinbäuer_innen und Landarbeiter_innen) „Nyéléni“ (weltweite Bewegung für Ernährungssouveränität) „Zapatistas“ (Bewegung indigener Kleinbäuer_innen aus Chiapas/Mexiko) „Reclaim the Fields“.

Wir sehen uns als Teil von vielen „Graswurzelbewegungen“, die Zeichen setzen für ein solidarisches Miteinander und für einen sozialen und gesellschaftlichen Wandel.

Wir sind Teil des Netzwerkes „Solidarische Landwirtschaft“ und beteiligen uns an seiner Weiterentwicklung.

Wir solidarisieren uns mit weiteren basisdemokratischen, solidarischen und kapitalismuskritischen Gruppen.

Wir sehen uns bestätigt durch den Weltagrarbericht, der in einer regionalen, ökologischen, kleinbäuerlichen und solidarischen, von Frauen geprägten Landwirtschaft den Schlüssel zur Lösung  der Ernährungskrise beschreibt.

 

Utopie oder erste Schritte eines umfassenden Wandels?

Ernährung im Rahmen einer Solidarischen Landwirtschaft kann der Einstieg in eine selbstorganisierte Lebensweise in solidarischen Gemeinschaften sein und so der Beginn eines umfassenden Wandels. Selbstorganisation in der Ernährung ist ein Stück des Weges zur Emanzipation. Es geht um die Möglichkeit, als freie und gleichberechtigte Menschen die Güter der Natur gerecht zu verteilen und dabei die Mitlebewesen mit Fairness, Wertschätzung und Zuneigung zu behandeln. Im großen Maßstab ist das momentan "nur" eine Utopie. Aber der längste Weg beginnt mit dem ersten Schritt.

 




[1]Wenn wir den Begriff Kapitalismus benutzen, verstehen wir darunter eine Wirtschafts- und Gesellschaftsform in der nicht für die Bedürfnisse der Menschen, sondern für die Vermehrung von Geld und Kapital gewirtschaftet wird. Das geschieht über die Ausbeutung menschlicher Arbeitskraft und aller natürlicher Ressourcen. Diese werden im Kapitalismus als Ware verstanden, privatisiert und dadurch der Allgemeinheit entzogen, mit einem Preis versehen und dadurch verknappt. Die Befriedigung menschlicher Bedürfnisse ist in diesem System nur ein Nebenprodukt. Zur Absicherung dieser Verhältnisse, die auf Ungleichheit beruhen und diese immer weiter reproduzieren, besteht ein staatliches Gewaltmonopol.

 

²Ernährungssouveränität ist das Recht der Völker  auf gesunde und kulturell angepasste Nahrung; nachhaltig und unter Achtung der Umwelt hergestellt. Sie ist das Recht der Bevölkerung, ihre Ernährung und Landwirtschaft selbst zu bestimmen. E. stellt die Menschen, die Lebensmittel erzeugen, verteilen und konsumieren ins Zentrum der Nahrungsmittelsysteme - nicht die Interessen der Märkte und der transnationalen Konzerne. Sie verteidigt das Wohlergehen kommender Generationen und bezieht sie ein in unser vorsorgendes Denken. Sie ist eine Strategie des Wiederstandes und der Zerschlagung derzeitiger Handels- und Produktionssysteme. Sie fördert bäuerliche Landwirtschaft, Familienbetriebe, sowie traditionellen Fischfang und die Weidewirtschaft. Sie garantiert, dass die Nutzungsrechte auf Land, Wasser, Saatgut, Vieh und Biodiversität in den Händen jener liegen, die das Essen erzeugen. E. bildet und stützt soziale Beziehungen ohne Unterdrückung und Ungleichheit zwischen Männern und Frauen, Völkern, ethnischen Gruppen, sozialen Klassen und Generationen (Ausschnitt aus der Erklärung von Nyéléni 2007)



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by Dr. Radut